Bis 1950 war unser dichtbevölkertes Stadt-Gebiet ein Quartier ohne Kirchturm, das Hard eine Bannmeile ohne Glocken. Mag sein, dass ansässige Bürger die Festlichkeit des Geläutes weniger vermissten, als zugezogene Kleinstädter und Menschen aus behäbigen, schmucken Dörfern. Mag sein, dass manches Gemüt bereits etwas von der Eintönigkeit der überhohen Häuserblöcke in sich aufgenommen hat und unbewusst darunter litt.
Ein Grossteil der Pfarreiangehörigen aber sehnte sich nach einem Geläute und nicht zuletzt der Pfarrer selber. Es blieb bei uns an Sonntagen still. Es blieb still an Weihnachten und in den Neujahrsnächten, am schönen Ostermorgen, am Ehrentag der Kinder, am Weissen Sonntag. Kein festlich-einladendes Läuten geleitete die Brautleute an den Altar. Kein Allerseelenläuten gemahnte die Gläubigen an die lieben Toten und die eigene letzte Stunde. Keine grosse Glocke kündete im hohen Amt das Wunder der Wandlung. Es blieb still bei uns, unheimlich still!
Es muss im Hard doch einmal «Sonntag» werden. Der erste Anlauf zur Äufnung des Glockenfonds wurde am ersten und zweiten Adventssonntag des Jahres 1951 durch einen Verkauf von «Schoggiglocken» getan. Man sprach und berichtete immer wieder von Glocken und brachte so den Wunsch zur Verwirklichung auf Hochtouren.
Es zeigten sich bald hochherzige Stifter, denen wir die fast einmalig rasche Aussicht auf Glocken verdanken. Ein origineller Opferkasten beim Hauptausgang der Kirche, von biederem Bahnarbeiter geschaffen, die Altpapier-Aktion, mit unglaublichem Eifer von unsern Buben betrieben, die vielen Gaben aus der eigenen Pfarrei und insbesondere von St. Anton liessen das Projekt eines Geläutes bald realisieren.
Nicht zuletzt sind gute Beziehungen und der Glockenbazar am 29., 30. und 31. August 1953 im Albisriederhaus unter starkem Einsatz der Pfarrei-Organisationen der Grund, warum zwei Drittel der notwendigen Summe an die Glockenkosten zur Zeit des Gusses beisammen waren.
Mit Rücksicht auf die bereits bestellten Glocken der im Bau begriffenen Bullingerkirche, schlug die Giesserei Rüetschi AG in Aarau durch einen Campanologen uns ein Geläute mit der Tonreihe B, d, f, g, a vor. An einer Kirchenratssitzung im Frühjahr 1953 einigte man sich auf das vorgelegte und vorbesprochene Glockenprojekt. Nach dem Hochamt des Schutzengelfestes, am 12. Juni 1953, unterzeichneten Pfarrer und Kirchenratsmitglieder den Vertrag mit der Giesserei.
Die Schwingungsprüfungen des Turmes durch die ETH in Zürich, die ein günstiges Ergebnis zeigten, verzögerten um einige Wochen den Termin des Gusses und damit auch der Glockenweihe und des Aufzuges. Nach wissenschaftlichen Prüfungen darf das Geläut ohne Bedenken dem Turm anvertraut werden. Märchen, die über unsern Turm herumgeboten werden, sind frei aus der Luft gegriffen.
Aus der Festschrift zur feierlichen Weihe der Kirchenglocken, von Pfarrer Josef Bischoff, 1953